Samstag, 19. April 2008

Emilia und Fulvio Pierangelini

Fulvio Pierangeli
Gabero Rosso,‭ ‬San Vincenzo

Ich verstehe Emilia und Fulvio Pierangelinis Dilemma.‭ ‬Doch,‭ ‬wirklich.‭ ‬Denn mein Brot,‭ ‬das ich sorgsam gewählt hatte,‭ ‬wollte vom Einlesegerät an der Supermarktkasse nicht angenommen werden.‭ ‬Die männliche Kassenkraft drückte und schob und warf und drehte das Brot solange das leblose Ding,‭ ‬das es für ihn war,‭ ‬bis es auch für mich ein Stück‭ ‬tote,‭ ‬degradierte Massenware wurde und ich empört den Supermarkt verlies.‭ ‬Wort,‭ ‬Sprach und Brot los.

Archaischen Regungen wie diesen‭ ‬verschafft Fulvio Pierangelini jene berühmt berüchtigte Dramaturgie,‭ ‬die Empörung der Wort reichen Art in Massenmedien hervorruft.

Dabei treiben Emilia und Fulvio nur die tief verwurzelte,‭ ‬mediterrane Tradition des Einsammelns und Auswählens von Obst,‭ ‬Gemüse,‭ ‬Fisch,‭ ‬Geflügel und Fleisch als Vormeditation zum Gericht auf die Spitze.‭ Sie halten Zwiesprache mit den Früchten der Erde,‭ ‬denen Leben innewohnt und lassen sich ein auf das zu erschließende Geheimnis der Zubereitung.

Zugegeben,‭ ‬sich beim Gang durch den Gemüsemarkt oder den Fischhallen sich das Abendessen zusammenstellen,‭ ‬sich von jenem Fenchel und dieser Krabbe anlächeln zu lassen‭ ‬-‭ ‬-‭ ‬das können doch noch viele von uns.‭ ‬Daraus aber etwas wie einen Starkochstil abzuleiten,‭ ‬das ist‭ ‬-‭ ‬ganz ohne Ironie‭ ‬-‭ ‬ein echt starkes Stück.‭ ‬Wo sich doch jeder Mainstream Starkoch hinter dem ausgefuchsten Fusion-World-Ethnie-Bio-Slow-Food oder sonst was Stil und hinter detaillierten Menüs‭ ‬verbarrikadiert und Kochbücher veröffentlicht,‭ ‬von denen man schon weiß,‭ ‬das letzte,‭ ‬das allerletzte Geheimnis der Starkoch-Zutaten wird auch dort nicht enthüllt.

Da kommt einer wie Fulvio Pierangelini und‭ "‬macht was mit Essen‭"‬,‭ ‬das auf einer Sensibilität und Kreativität beruht,‭ ‬die gar nicht vorgeben will,‭ ‬sie sei irgend etwas anderes als unfassbar.‭

Fulvio Pierangelinis Dilemma besteht nun darin,‭ ‬nicht den Hokuspokus der Gourmet-Kultur vorzuschieben,‭ ‬wie jeder andere Vernuft begabte,‭ ‬talentiert Koch,‭ ‬um darin quasi seine wahren Künste zu entfalten; sondern das Unsichtbare nicht nur sichtbar sondern als höchstes Gut in Szene zu setzen.‭ ‬Das Dilemma eines jeden Künstlers also,‭ ‬der im Markt und mit dem Publikum agiert. Denn Emilia und Fulvio sind zwar weltbekannt für ihre Kichererbsenpüree-Shrimp Kombination.

http://breadchick.com/?s=broil


....Aber andere haben daran verdient. Und so ist es fatal, auf ein wenngleich gelungenes Rezept reduziert zu werden. Es geht um etwa anderes:

So werden die Gäste von Fulvio Pierangelini

http://www.gamberorosso.it/portale/Homepage/homepage


einer‭ "‬Aufnahmeprüfung‭" ‬unterworfen und aufgefordert,‭ ‬sich innerlich auf das wahre Erleben einzustimmen.‭ ‬Diese Aufnahmeprüfung kann man auch nicht bestehen,‭ ‬übrigens.‭

Etwas sagt mir,‭ ‬dass nicht der verfeinerte Kitzel gelangweilter Gaumen den Elite-Kochstuben Existenzberechtigung verleiht,‭ ‬sondern eine Darbietung der Speisen,‭ ‬die eine Rückerinnerung in Gang setzen an unsere archaische Verbindung zu Nahrung als etwas,‭ ‬das Lebendigkeit‭ (nicht nur Sättigung oder Gaumenkitzel‭) ‬spendet.‭ ‬Dieses jedoch kann nur ein Künstler.‭ ‬Oder ein Zenmönch.‭ ‬Oder Omi.‭ ‬Oder du und ich. Oder Alice Waters. Oder Nat. Oder die Leute von Monmouth.

Emilia und Fulvio Pierangelini

http://www.gamberorosso.it/portale/Homepage/homepage
http://www.wineblog.it/?p=34
http://winecountry.it/articles/accidental-enotourist/239

Heidi 2.0 meint:
Aufnahmeprüfung für den Genuss unserer Ziegenmilch?
Zu Fuß auf unsere Alm gelangen. Wer mit der Gondel kommt, wird abgelehnt!





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