Sonntag, 18. November 2007

DER ZORNKÖNIG

Gute Mädchen kommen in den Himmel,
freche überallhin.

Zornigen Mädchen aber gebührt nichts als
"Dicker Fetter Respekt".


Zu dieser Erkenntnis kam die manchmal gute, bisweilen freche und öfters auch zornige Heidi 2.0, während der Lektüre des Buchs „Zornkönig“ von Christoph Burger.

Das mit dem "dicken, fetten Respekt" ist übrigens ein Zitat der Punk-Diva Nina Hagen, letztes Jahr (aus der Zeitschrift Galore, 17/2006), gefunden im ZORNKÖNIG auf Seite 111.

Vorab: Heidi 2.0 ist ziemlich angenehm davon überrascht, dass Zorn - die Männerdomäne schlechthin - ebenjenen Männern soviel Kopfzerbrechen bereitet.

Denn Zorn ist doch männlich, alphatiermäßig und gehört etwa zum Rüstzeug des erfolgreichen Politikers (auch außerhalb Bayerns), CEOs, Moderatoren, Chefarztes, Projektmanagers... Oder? Denn, nur zornige Frauen gelten als lächerlich - sollten sie Glück haben - oder wenn es schlimm kommt - als Neurotikerinnen.

Ha: Weit gefehlt, teilen uns unzählige Ratgeber-Bücher mit. Möge die Streitbarkeit von Spitzenkräften medientechnisch Aufmerksamkeitsquoten herauskitzeln, so hat der typische Karrieremann längst gelernt, bei der geltenden Auffassung von Produktivität und Success stört Ärger nur.

Diese urzeitliche Höhlenmann-Emotion, die doch nur dazu diente primitivste Bedrohungszenarien abzuwenden (Bär, Mammut, Keulen schwingender, Futter neidischer Stammes-Externer) stünde einem Erfolg erpichten Mann im Zeitalter flitzender Bits und Bites doch nur im Weg.

Heißt es.

Dass ausgerechnet diese rüde Gemütsäußerung in hochkomplexe, kognitive Prozesse maßgeblich verwickelt ist, scheint also zunächst starker Toback.
Aber Christoph Burger, Buchautor, Diplom-Psychologe und erfahrener Trainer, der Ärger, Zorn und Wut etwa bei Projekten und Seminaren mit respektvoller Beobachtunggabe nachgespürt hat, überzeugt Heidi 2.0 ebendavon mit beeindruckender Quellenvielfalt und erzählerischem Talent.

Trifft es nämlich zu, dass Zorn territoriale Verteidigungaufgaben übernimmt, so gibt es derer unzählige in der ultra-modernen Gegenwart.

Denn, gemäß Burgers Gestalt Colombo, des Zornkönigs unermüdlichen, weisen Berater im Buch, geht es um die geschätzte eigene Wahrnehmung der Welt. Ein kognitives Konstrukt, das wir uns schaffen, um überhaupt zu funktionieren.

Nur Kleinstkinder haben sich laut Autor noch kein Modell der Welt gebaut (...ach deshalb sind sie so süß und unschuldig...hm).

Stellt nun eine Wahrnehmung unser gut funktionierendes Modell in Frage, reagieren wir mit selbst schützendem Ärger. Denn wir wollen nicht aus dem Konzept gebracht werden. Das kennen wir doch alle oder?

Aber wie lange schon erleben wir dieses Phänomen der konstanten Erschütterung selbstgebauter Wahrnehmung in erhöhter Intensität, Menge und Beschleunigung?

Wir können froh sein, das Kardinal Colombo in detektivischer Beobachtungsgabe und akribischer Recherche dem Zornkönig hilft, zu unterscheiden, wann Zorn erstmal grundsätzlich als Meldesystem störender Botschaften akzeptiert werden kann und wann man dieses Alarmsystem auch mal ausschalten sollte.

Christoph Burgers Buch gelingt es immer wieder, gerade bei neuen Wendungen und Quellenzitaten über die Rolle des Zornes zu fesseln. Hier kommt dem Diplom-Psychologen sicher sein Talent als Trainer zu Gute. Als Leser jedenfalls legt man das Buch nur zur Seite, weil man wiedermal einen „erlesenen“ Aha-Effekt innerlich verarbeiten möchte.

Was hat das nun mit guten, frechen und zornigen Mädchen zu tun?
Wir können dieses Buch besonders genießen, denn uns stand in Sachen Ärger gesellschaftlich bisher die Aschenputtel-Rolle zu.

Heidi 2.0 jedenfalls ist ab sofort Zornprinzessin und will dicken fetten Respekt. JETZT!

MVG Verlag, mvg-verlag.de
Der Zornkönig
Wie Sie Ihren Ärger positiv nützen
Christoph Burger
€ 15.90 in Deutschland
Robustes, handwerklich hervorragendes Buch in attraktivem Cover-Design und Schriftsatz.


"Hält auch Zorn aus"

Gesichtet von Heidi 2.0 bei
Hugendubel, Fünf Höfe München

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