Montag, 26. Februar 2007

Freie und Selbstständige 2.0

Das Manifest der Freischaffenden und Selbstständigen, im Weiteren genannt F&S

1. F&S erfüllen angesichts des global-politischen Wandels der letzten Jahre den Sachverhalt eines zukunftsweisenden, dauerhaften Erwerbs.

2. Angesichts des um sich greifenden Scheiterns von gut ausgebildeten Jungakademikern auf dem Arbeitsmarkt, gewinnt die Erwerbsart von S&F gesamtgesellschaftlich an Bedeutung, insbesondere als willkommene Alternative zur langzeitigen Erwerbslosigkeit nach dem Studium.

3. Während zur Zeit des rheinischen Kapitalismus F&S als freiwillige, oft belächelte und manchmal beneidete Aussteiger eingestuft wurden, so tritt deren Erwerbsform - angesichts der rapiden Zerfallerscheinungen des rheinischen Wirtschaftmodells - näher an die gesellschaftliche und marktwirtschaftliche Mitte heran, und wird ganz lapidar zu einer unentbehrlichen Alternative zum stetigen Arbeitsplatzschwund.

4. Der öffentlich-rechtliche sowie kommerzielle Zweig des Kulturbetriebs in Deutschland (Fernsehen, Film, Funk, Musikindustrie, Theater, Zeitungen sowie Konglomerate) schöpfte seit Jahrzehnten die Arbeit Medienschaffender im Rahmen unsteter und freier Arbeitverhältnisse ab. In der heutigen Zeit sind jene Medienschaffenden so unweigerlich in das System Hartz geraten , das deren unverschuldeten Bedarf nach Grundsicherung unter Generalverdacht stellt. Dabei sind es die obengenannten Kulturbetriebe, die sich ihre hohen Gewinne indirekt von Hartz quersubventionieren lassen. Angesichts realistischer Honorare gäbe es den Bedarf nach Grundsicherung in weit weniger großem Ausmaße. Mit den von Hartzempfängern geschaffenen Kulturgütern werden Milliarden erwirtschaftet.

5. Für F&S außerhalb der Medienszene besitzt dieser Zustand insofern Relevanz, als dass diese Art von Zumutung von Seiten der Industrie seit neuem als übertragbar auf andere Sparten gilt. Das Bild des genügsamen Medienschaffenden ist jedoch hoffnungslos veraltet und wirkt in der heutigen Realität verlogen. Es ist ungeeignet als Modell.

6. Somit gewinnt die Neugestaltung und Interpretation der F&S Rollen im Medienbetrieb eine gesamtgesellschaftliche Bedeutung.

7. Die im Namen des Modells Ich-AG implizierte dilletantische Schlitzohrigkeit liegt ganz und gar bei der Regierung. Existenzgründung war noch nie eine flapsige Angelegenheit und Gründer, die auf diese Weise ihren Erwerb sichern möchten, haben einen Anspruch auf einer angemessene Art und Weise wahrgenommen zu werden.

8. Während die Infrastruktur für Festanstellungen zerbröckelt, wächst der Bedarf von Seiten der Wirtschaft an F&S Arbeitformen. Die Regierungen weisen jegliche Verantwortung oder gar Handlungbedarf von sich, mit Hinweis auf globale, grenzüberschreitende Entwicklungen. Die jetzige Regierung ist dazu aufgerufen, mit neuen, fortschrittlichen gesetzlichen Rahmenbedingungen bei Steuerrecht und Förderungmaßnahmen die Hürde zur Existenzgründung bei F&S zu senken und deren Attraktivität zu erhöhen sowie diesbezügliche Rechte zu stärken.

9. S&F werden mehr und mehr mit Festangestellten als sogenannte Zulieferer Seite an Seite in Unternehmen arbeiten. Diese wechselseitige Beziehung gewinnt insofern an Relevanz, als dass diese Rollen austauschbar werden. So wird der Einsatz - von Seiten Festangestellter - für angemessene Vergütung von Zuliefererdiensten sehr schnell als Handeln im eigenen Interesse erkennbar. Arbeitnehmervertreter und Verbände von S&F sind dazu aufgerufen schon jetzt den Dialog miteinander zu suchen.

10. Medienschaffende sind aufgerufen, ihre Stimme publizistisch für eine gesamtgesellschaftlich differenziertere Sicht des F&S Erwerbs einzusetzen.
Mögen die aufgeführten Punkte Anregung und Ausgangspunkt sein.

Heidi 2.0

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