Samstag, 29. November 2008

Schwellenländer-Belehrung

Abgebrühte Entwicklungshelfer, gewiefte Außenminister sowie NGO-Gutmenschen wussten es schon immer:

Schwellenländer an das ultra-erfolgreiche westliche "Marktgeschehen" heranzuführen, galt zwar als pädagogisch wertvolle Stufe im langen Marsch zu westlichen Lebensstandards, war aber ein rüder Etikettenschwindel, freche Rhetorik zum Zwecke der ungebremsten Ausbeutung oder pardon, ungehinderten Entwicklung neuer Märkte.

Nur wer von den drei Gruppen in welcher Art darüber sprach, darüber schwieg oder diese Kenntnis darüber empört heraus kreischte, das machte den Unterschied.

Aber kann irgendjemand jetzt noch im Ernst diesen Ländern Opfer auferlegen im Namen der Finanzmärkte im Besonderen und des Leistungsprinzips im Allgemeinen? Können wir wirklich noch behaupten, wir hätten das erstrebenswertere Modell, zwar nicht perfekt, aber nahe dran?

Überhaupt: Märkte, Leistung - seit wann ist das eine Erfindung des Westens?
Ist nicht das Leben und Überleben in Afrika mit den vorhandenen Ressourcen vor Ort eine vorbildliche Leistung?
Die geradezu verschwenderischen Ausrüstungen, die Europäer benötigen, um im Biotop Afrika zu überleben - unglaublich. Ein Skandal. Die sollen sich mal ab Riemen reisen und sich gefälligst anpassen. Evolution hin und her, das muss einfach schneller gehen als bisher.

Powerpoint Punkt "Marktgeschehen",

Seidenstraße? Pfefferroute? War keine westliche Erfindung. Chinesische Seefahrt und Handel? Gab's schon. Papiergeld? Muscheln? Sklavenhandel im Binnenland als Arbeitskraftbeschaffung nach Bedarf? Afrikanische Idee.

Wir machten erst globalen Sklavenhandel daraus.
In Sachen Binnen-Menschenhandel: Den Ein-Eurojob.

Wenn heute eine Karawane über eine Entfernung von hunderten von Meilen Hirse zu einem kleinen Dorf in einem bestimmten Monat im Jahr bringt, verlässlich. Es wird mit Naturalien gehandelt. Vielleicht Tücher gegen Hirse. Dann ist das - aufgepasst! Marktgeschehen.

Wenn nun heute Dörfer an dieser Hirsenstraße mit westlichen Gutmensch-Nahrungsmitteln gratis überschüttet werden, kauft niemand mehr der Karawane was ab. Ein massiver Eingriff in das Freie Marktgeschehen. Jenes, das wir stets predigen aber nicht wirklich praktizieren.

Pech nicht? So passt sich die Karawane dem neuen Marktgeschehen an, ändert ihre Route, Kommt nicht mehr.
Nun dürfen aber nie mehr die kostenlosen Nahrungsmittel der Gutmenschen ausbleiben.
Nun sind die Anrainer der Hirsetraße von einem etwas mächtigeren Lieferanten abhängig.
Alle anderen Dinge, die von der Karawane ausgingen - Neuigkeiten aus der Region, Mit-Reit-Möglichkeiten, Postdienst - -fallen weg. Deswegen muss nun jedes Kind im Dorfe Internet kriegen. Und TV braucht es. Und alles was die westliche Medien so an Benachrichtigung über die westliche Welt liefern kann.

Inklusive Alles über DEN CRASH DES JAHRHUNDERTS.
Und die Wahnsinns-Geschenke, die die gestrengen Banker (streng sind sie vor allem mit Afrika) kriegen. Im Namen des Freien Marktgeschehens.

Ob die Karawane nun doch wieder willkommen wäre? Aber wäre der Handel mit Naturalien nicht wie Schwarzmarkt? Ist dass nicht irgendwie böse? Darf man das zulassen? Dass kein GELD ins SPIEL kommt? Hm. Eklig. Das klingt nach Nachkriegsarmut und Trümmerfrauen. Also irgendetwas daran kann einfach nicht richtig sein, Finanzkrise hin, Finanzkrise her. Das kann man uns einfach nicht zumuten. So einer Mauschelei zugucken zu müssen.Aus der Ferne. Im Fernsehen. Das empört. Irgendwie. Das muss gerichtet werden. Auf unsere Art. Man will doch helfen. Man meint es ja nur gut. So auf die Dauer kann das ja nicht gut gehen. Diese Art. Mit der Karawane.

Heidi 2.0 meint:
Finanzdadaismus der feinsten Art.

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